Das vergangene Jahr war erneut von der Covid 19-Pandemie geprägt. Für die Wiener Tafel bedeutete das, ihre Anstrengungen zu intensivieren und Möglichkeiten zu schaffen, um noch mehr Lebensmittel retten zu können. Denn die Bilanz  zeigt: Der Bedarf an Unterstützung ist gestiegen.

Steigende Lebenserhaltungskosten, mehr prekäre Situationen

Die Covid-19-Pandemie hatte und hat nicht nur direkte Auswirkungen auf die Gesundheit von uns allen, sondern auch auf die Lebenserhaltungskosten der Menschen in Österreich. Menschen in prekären Situationen traf das besonders hart.

In einer qualitativen Studie* der Armutskonferenz zu Corona und Armut, die im Sommer 2020 erstmals durchgeführt wurde, berichteten die Teilnehmenden bereits, dass sie einen Anstieg der Lebensmittelpreise spürten. In der darauffolgenden Studie 2021** zu Corona und Armut gaben die Befragten an, zunehmend von Sozialmärkten abhängig zu sein und dass sie den Konsum von Lebensmitteln einschränken mussten.

Grundnahrungsmittel werden immer teurer. Gleichzeitig sind in Österreich rund 1,5 Millionen Menschen (Statistik Austria 2020) armuts- oder ausgrenzungsgefährdet: Für sie bedeutet das, mehr auf Unterstützung angewiesen zu sein, um ihre notwendigsten Grundbedürfnisse für Ernährung und Heizen decken zu können.

Das Spektrum der Betroffenen reicht von der Mindestpensionistin, die sich die täglichen Mahlzeiten nicht mehr leisten kann, über Selbständige, die in der Corona-Krise ihre Lebensgrundlage verloren haben, Alleinerziehende, wo es nicht mehr für das Nötigste reicht, bis zu Kindern, die ohne Jause in die Schule geschickt werden. Armut kann jeden treffen!

Bilanz zeigt: Wiener Tafel versorgt rund 20.000 Menschen  

Die Wiener Tafel – der Verein für sozialen Transfer – rettet seit 23 Jahren genusstaugliche Lebensmittel und andere Güter des täglichen Bedarfs vor dem Müll und versorgt damit armutsbetroffene Menschen in Sozialeinrichtungen. Ziel der Zusammenarbeit mit den Sozialeinrichtungen ist, dass armutsbetroffene Menschen professionell angeleitete Wege aus der Armut finden.

Die Wiener Tafel tritt dabei auch für einen sorgsamen und nachhaltigen Umgang mit Ressourcen ein. So trägt sie damit auch einen aktiven Teil zur Erreichung der Sustainable Development Goals „2 Zero Hunger” und „12 Nachhaltiger Konsum und Produktion” in Österreich bei.

Im Jahr 2021 belieferte die Wiener Tafel insgesamt 92 Sozialeinrichtungen in Wien und versorgte damit täglich rund 20.000 armutsbetroffene Menschen. Die Zahl der von uns zu versorgenden Menschen ist im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent (vgl. 2020: 16.000 armutsbetroffene Menschen) gestiegen. Die Warenspenden beliefen sich im letzten Jahr auf insgesamt 746.100 kg. Das ist ein Plus von 31,7% gegenüber dem Vorjahr (2020: 566.685 kg).

Es bestehen auch enge Kooperationen mit zehn weiteren sozialen Einrichtungen bzw. Tafeln in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland sowie dem Verband der österreichischen Tafeln für große Warenspenden. Seit Beginn der Wiener Tafel-Tätigkeiten konnten insgesamt stolze 7.430.063 Tonnen Lebensmittel gesammelt und verteilt werden. Im letzten Jahr haben dafür 229 Warenspender:innen mit der Wiener Tafel zusammengearbeitet.

Möglich wurde diese Bilanz 2021 durch den unermüdlichen, aktiven und engagierten Einsatz von 221 ehrenamtlichen Mitarbeitenden. Sie haben insgesamt 13.724,3 Stunden in den Dienst der guten Sache gestellt. 76 Prozent davon (10.440,8 Stunden) gingen davon direkt in die logistische Leistung, also in Waren sammeln, sortieren oder verteilen. Dabei wurden 848 Touren (Vorjahr: 770) mit gesamt 55.303 km (Vorjahr: 45.266) gefahren.

Neue Lebensmittelzentrale, Bewusstseinsbildung und Projekte

Möglich wurde die große Steigerung der verteilten Waren (+179.415 kg im Vergleich zu 2020 / das ist ein Plus von 31,7%) durch die im Juli 2021 eröffnete neue Lebensmittelzentrale der Wiener Tafel am Großmarkt Wien. Sie bietet auf 385 m2 deutlich mehr Trocken- & Kühllager- und Sortiermöglichkeiten.

Damit aber nicht „nur“ Waren aus Handel, Industrie und Landwirtschaft gerettet werden, sondern auch Privathaushalte weniger wegwerfen, wurden die bewusstseinsbildenden Projekte, wie z.B. das Sensorik Labor digital für Kinder und Jugendliche verfügbar gemacht, eine neue Homepage realisiert und die neue Lebensmittelretter:innen-Box entwickelt. Gleichzeitig hat sich die Wiener Tafel auch für eine Vereinfachung der Lebensmittelweitergabe für NGOs eingesetzt.

Die jährliche Winterspendenaktion „Suppe mit Sinn“ – die es bereits seit 15 Jahren gibt – lief trotz Corona und Lockdowns in über 200 Gastronomiebetrieben und mit prominenten Unterstützern wie Paul Ivić und Barbara Stöckl. Weiters konnte die Wiener Tafel nach dem, in den Vorjahren sehr erfolgreichen Projekt „Marmelade mit Sinn“ gemeinsam mit der Erste Bank im vergangenen Jahr 24 Tonnen Tomaten für das erste pikante Weltspartagsgeschenk „Sugo mit Sinn“ vor der Vernichtung retten. Daraus wurden insgesamt 45.000 Gläser „Sugo mit Sinn“ durch die Unterstützung von Warenspender:innen, Verarbeitungsbetrieben und Sponsor:innen produziert und am Weltspartag in den Filialen der Erste Bank verteilt.

Von der „Marmelade mit Sinn“, die die Wiener Tafel aus großen Obstmengen, die sich nicht zur Verteilung eignen, produziert, wurden 2021 1.000 Gläser verteilt. Die Erlöse aus Spendenaktion und Sammlungen flossen direkt in die tägliche Arbeit und Projekte der Wiener Tafel, um auch 2022 wieder über 20.000 armutsbetroffene Menschen mit dem Nötigsten – der täglichen Nahrung – unterstützen zu können.

Presseaussendung: Wiener Tafel Bilanz 2021

 

Quellen:

*2020: Armutsbetroffene und die Corona-Krise 2020 – Eine Erhebung zur sozialen Lage aus Sicht von Betroffenen

**2021: Armutsbetroffene und die Corona-Krise 2.0 –  Eine zweite Erhebung zur sozialen Lage aus Sicht von Betroffenen