Die Tafel-Drehscheibe: Fragen & Antworten
Was ist unter einer „Lebensmitteldrehscheibe“ zu verstehen?
Im internationalen Kontext als „virtual foodbanking“ bezeichnet, vernetzt eine digitale Lebensmitteldrehscheibe Warenspender:innen und -empfänger:innen im Sinne der karitativen Lebensmittelweitergabe – besonders dann, wenn es rasch gehen muss, weil die Waren sonst verderben.
Es handelt sich damit strenggenommen „nur“ um ein IT-Tool, das die Arbeit von Tafeln und anderen gemeinnützigen, mildtätigen Organisationen leichter (da digital unterstützt) macht, das aber ohne jahrzehntelang aufgebautes Wissen in diesem Bereich nur schwer umgesetzt werden kann.
Das Prinzip ist nicht neu: virtual foodbanking gibt es schon seit 10 Jahren bei zahlreichen unserer Schwesterntafeln in Europa und darüber hinaus.
Wie steht Die Tafel Österreich zur Lebensmitteldrehscheibe?
Vor vielen Jahren haben wir die Idee nach Österreich gebracht und uns darum bemüht, Fördergelder für die IT-Entwicklung zu bekommen.
Vor mittlerweile mehr als zwei Jahren konnten wir über unser internationales Tafelnetzwerk FEBA Kontakt zum Anbieter der italienischen Lebensmitteldrehscheibe für die Banco alimentare, „BringTheFood“, schließen. Das Modell ist bereits erfolgreich in Italien und anderen, europäischen Ländern in Verwendung und wir konnten es sehr kostengünstig in den letzten beiden Jahren für die Erfordernisse der österreichischen karitativen Lebensmittelweitergabe adaptieren.
Wie weit ist die Tafel-Drehscheibe der Tafel Österreich?
Wir hatten im letzten Jahr unsere Testphase erfolgreich abgeschlossen, in der über die Tafel-Drehscheibe bereits 100 Tonnen Lebensmittel in ganz Österreich umverteilt werden konnten.
Damit ist die Tafel-Drehscheibe – auch, wenn wir uns noch weitere Adaptionen für die Zukunft vornehmen – bereits heute in der Praxis angekommen.
Weitere Informationen finden Sie in unserer Presseaussendung.
Was unterscheidet die geplante Lebensmitteldrehscheibe des BMK von jener bereits eingeführten IT-Lösung der Tafel Österreich?
Die Ausschreibungsunterlagen des BMK waren eng an unseren Vorstellungen, mit folgenden Unterschieden:
Die Tafel Österreich strebt eine Lösung entlang der gesamten Wertschöpfungskette, wo Lebensmittelüberschüsse entstehen, an (Landwirtschaft, Produktion, Handel, Gemeinschaftsverpflegung), das BMK hat primär Landwirtschaft und Produktion im Blick.
Die Tafel-Drehscheibe der Tafel Österreich ist rein für die karitative Lebensmittelweitergabe vorgesehen, damit alle Überschüsse armutsbetroffenen Menschen zugute kommen, bei der BMK Drehscheibe sollen auch kommerzielle Anbieter Überschüsse vergünstigt zukaufen können.
Wie kam es zur Ausschreibung des BMK?
Die Lebensmitteldrehscheibe wurde von der damaligen Regierung nach dem Lebensmittelgipfel im Mai 2023 mit 2 Millionen Euro beschlossen, um rasch eine „Maßnahme gegen die Teuerung“ zu setzen.
In zahlreichen Vorgesprächen inkl. Präsentationen von internationalen Drehscheiben-Modellen haben wir dem BMK unsere Vorstellungen ebenso vermittelt wie das italienische Erfolgsmodell „BringTheFood“ vorgestellt.
Ausgeschrieben wurde die Drehscheibe dann erst ein Jahr später, im Mai 2024. Allerdings nicht als Förderung, sondern als zweijähriger Dienstleistungsauftrag, um damit in erster Linie kommerzielle Anbieter anzusprechen. Wie es nach diesen zwei Jahren weitergehen soll, wer die Plattform danach betreiben wird und ob zum weiteren Betrieb nochmals Gelder vom BMK hineinfließen werden, lässt der Auftraggeber, das BMK, offen.
Hat sich Die Tafel Österreich trotzdem für den Auftrag beworben?
Ja, aus folgenden Gründen:
- weil wir überzeugt sind, dass unser Modell die notwendige Praxiserfahrung hat und bestens funktioniert – das zeigen die Erfahrungen bei uns und im Ausland.
- weil unser Ansatz die karitative Lebensmittelweitergabe in Österreich nachhaltig über die zwei Jahre Projektlaufzeit hinaus gestärkt hätte.
- weil eine solche IT-Plattform immer nur so gut ist, wie das Wissen und die Expertise der Mitarbeiter:innen, die das Tool steuern – und Die Tafel Österreich genau das seit über 25 Jahren aufgebaut hat.
- weil wir eine Verpflichtung gegenüber jenen armutsbetroffenen Menschen haben, die wir täglich mit kostenfreien Lebensmitteln – ob virtuell oder persönlich vermittelt – versorgen, für die diese Gelder vorgesehen waren. Je weniger Geld somit in eine 2.IT-Software-Entwicklung fließt, umso mehr Lebensmittel können kostenfrei bei armutsbetroffenen Menschen ankommen.
Wie ist das Auftragsverfahren ausgegangen und wie geht es jetzt weiter?
Wir haben im Dezember nach einem aufwändigen, zweistufigen Ausschreibungsprozess vom BMK eine Absage bekommen.
Wir halten natürlich an unser Tafel-Drehscheibe weiter fest und werden diese, so wie bisher, für Warenspender:innen entlang der gesamten Wertschöpfungskette und soziale Einrichtungen gleichermaßen kostenfrei zur Verfügung stellen.
Und wir wünschen den zweijährigen Betreibern der vom BMK initiierten Lebensmitteldrehscheibe alles Gute und hoffen, dass mit dieser Auftragsvergabe an ein kommerzielles Unternehmen die ursprüngliche Zielsetzung, nämlich die Förderung einer Maßnahme gegen die Teuerung, mit zwei Jahren Verspätung gerecht wird.